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Die unglaubliche Reise des Distelfalters

Die unglaubliche Reise des Distelfalters

DER hübsch gefärbte Distelfalter (Vanessa cardui) ist kaum noch aus der Sommerlandschaft Europas wegzudenken. Doch sobald die kalte Witterung einsetzt, sind die Falter weg. Erfrieren sie vielleicht? Dazu haben Forscher jetzt Erstaunliches entdeckt: Die Distelfalter gehen jedes Jahr auf eine Reise um die halbe Welt — von Nordeuropa bis nach Afrika.

Freiwillige Beobachter hatten aus ganz Europa Tausende von Sichtungen gemeldet. Zusammen mit genauen Radarmessungen ergab sich daraufhin dieses neue Bild: Gegen Ende des Sommers machen sich Millionen von Distelfaltern auf die Reise in Richtung Süden. Meist fliegen sie dabei in einer Höhe von über 500 Metern, weshalb sie selten gesehen werden. Die Schmetterlinge nutzen günstige Winde, durch die sie auf ihrem transkontinentalen Langstreckenflug im Durchschnitt 45 Stundenkilometer schnell fliegen. Wie viele Kilometer legen die Distelfalter auf ihrer jährlichen Reise vom hohen Norden bis ins tropische Westafrika zurück? Bis zu 15 000 Kilometer — fast das Doppelte der Strecke, die der nordamerikanische Monarchfalter wandert. Sechs Faltergenerationen vergehen, bis die gesamte Hin- und Rückreise geschafft ist.

Wie die Professorin Jane Hill von der Universität York (England) erklärt, „wandert der Distelfalter immer weiter, legt Eier ab und zieht wieder weiter“. Und so pendelt die ganze Population jedes Jahr zwischen Nordeuropa und Afrika hin und her.

„Dieses winzige Geschöpf wiegt weniger als ein Gramm, sein Gehirn ist gerade einmal stecknadelkopfgroß, es hat keine Chance, von erfahreneren Alttieren zu lernen — und trotzdem ist es zu so einer rekordverdächtigen Wanderung quer über zwei Kontinente imstande“, meint Richard Fox, Studienleiter an einem Zentrum für Schmetterlingsschutz. „Früher dachte man immer, das Insekt wäre schutzlos den Launen des Windes ausgeliefert und der britische Winter wäre, evolutionär betrachtet, die Endstation für den Falter“, erklärt er weiter. Durch diese Studie wisse man jetzt aber, „dass der Distelfalter ein meisterhafter Langstreckenflieger ist“.