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SCHLÜSSEL ZUM FAMILIENGLÜCK

Stieffamilien: Neue Zusammensetzungen, neue Herausforderungen

Stieffamilien: Neue Zusammensetzungen, neue Herausforderungen

MARGARET a, EINE STIEFMUTTER AUS AUSTRALIEN: „Die Exfrau meines Mannes hat den Kindern eingeimpft, auf keinen Fall auf mich zu hören, auch wenn ich nur sage, dass sie sich die Zähne putzen sollen.“ Margaret findet, dass dieses Aufhetzen ihre Ehe belastet.

Stieffamilien, auch Patchworkfamilien genannt, müssen sich auf ganz besondere, oft nicht gerade einfache Beziehungen zu außenstehenden Elternteilen, Freunden und Verwandten einstellen. b Beispielsweise müssen sich die meisten Stiefeltern mit dem leiblichen Elternteil wegen Besuchsregelungen, Erziehungsfragen oder finanzieller Unterstützung abstimmen. Auch Freunde und Verwandte sind gefordert, wenn es heißt, sich an neue Familienmitglieder zu gewöhnen. Die Bibel gibt für solche Situationen guten Rat.

KONSTELLATION 1: STIEFELTERN UND LEIBLICHE ELTERN

Judith, eine Stiefmutter aus Namibia, berichtet: „Die Mutter meiner Stiefkinder hat ihnen mal erzählt, dass ich lediglich die neue Frau ihres Vaters bin, und wenn wir Kinder bekommen, wären das nicht ihre Geschwister. Das tat weh. Ich liebe doch meine Stiefkinder, als wären sie meine eigenen.“

Fachleute sind sich einig, dass die Beziehung zum leiblichen Elternteil eines Kindes für Stieffamilien eine heikle und schwierige Sache sein kann. Am problematischsten gestaltet sich oft das Verhältnis zwischen Mutter und Stiefmutter. Was kann helfen?

Ein Schlüssel zum Erfolg: Vernünftige Grenzen festlegen. Versucht man, den leiblichen Elternteil ganz auszuschließen, könnte das Kind emotional darunter leiden. c Die Eltern, die es gezeugt oder, wie die Bibel sagt, seine „Geburt verursacht“ haben, nehmen einen besonderen Platz in seinem Leben ein (Sprüche 23:22, 25). Lässt man den Einfluss eines früheren Partners jedoch zu stark werden, könnte das den neuen Ehepartner frustrieren oder sogar verärgern. Da ist Ausgeglichenheit gefragt: Also einerseits zum Schutz der eigenen Ehe vernünftige Grenzen festlegen, andererseits den leiblichen Elternteil des Kindes so weit wie möglich einbeziehen.

TIPPS FÜR ELTERN

  • Im Gespräch mit dem früheren Ehepartner sollte man sich auf die Kinder konzentrieren und weniger über anderes diskutieren. Zum Beispiel könnte man taktvoll fragen, ob es möglich wäre, tagsüber eine feste Zeit für Telefongespräche einzuplanen. Normalerweise ist das besser als Anrufe zu unbestimmten Zeiten oder spät am Abend.

  • Als nicht sorgeberechtigter Elternteil könnte man eventuell per Telefon, Brief, SMS oder E-Mail mit den Kindern Kontakt halten (5. Mose 6:6, 7). Manche nutzen auch Videotelefonie. Dadurch kann man die Welt der Kinder besser verstehen und hat vielleicht einen größeren Einfluss auf sie, als man denkt.

TIPPS FÜR STIEFMÜTTER

  • Man sollte „Mitgefühl“ für die leibliche Mutter der Kinder zeigen, indem man deutlich signalisiert, dass man sie nicht ersetzen möchte (1. Petrus 3:8). Es ist auch gut, sie auf dem Laufenden zu halten, wenn die Kinder bei einem sind, und dabei hauptsächlich die positiven Aspekte herauszustellen (Sprüche 16:24). Vielleicht fragt man sie auch um Rat und bedankt sich dann dafür.

  • In Gegenwart der leiblichen Mutter ist man mit Zärtlichkeiten gegenüber den Kindern am besten zurückhaltend. Beverly aus den USA erzählt: „Die Kinder meines Mannes wollten Mama zu mir sagen. Wir haben mit ihnen ausgemacht, dass das zu Hause okay ist, aber nicht wenn ihre Mutter Jane oder jemand von ihrer Familie dabei ist. Jane und ich sind danach besser miteinander klargekommen. Wir haben später sogar zusammen bei Schulaufführungen geholfen und Ausflüge mitgemacht.“

Man unterschätzt manchmal, wie viel Einfluss man auf seine Kinder hat

UMGANGSTIPPS FÜR ELTERN UND STIEFELTERN

    Mit Freundlichkeit und Respekt kommt man sehr weit

  • In Hörweite der Kinder sollte man nie negativ über den abwesenden Eltern- oder Stiefelternteil reden. Das kann leicht passieren, ist aber für das Kind sehr belastend. Außerdem weiß man nie, wie oder wann das Gesagte vielleicht wiederholt wird (Prediger 10:20). Wenn das Kind erzählt, der andere Eltern- oder Stiefelternteil hätte schlecht über einen geredet, sollte man sich auf die Empfindungen des Kindes konzentrieren. Man könnte die Bemerkung etwa so auffangen: „Es tut mir leid, dass du das gehört hast. Deine Mama ist böse auf mich, und wenn man böse auf jemand ist, sagt man manchmal Sachen, die nicht so nett sind.“

  • Es wäre gut, wenn in beiden Haushalten die gleichen Regeln und Sanktionen gelten. Ist das nicht möglich, sollte man Unterschiede erklären, ohne jedoch herablassend über den anderen Elternteil zu reden. Dazu ein Fallbeispiel:

    Stiefmutter: Tim, häng bitte dein nasses Handtuch auf.

    Tim: Bei Mama lassen wir die Handtücher immer auf dem Boden liegen und sie hängt sie dann auf.

    Stiefmutter (ärgerlich): Ja, ja, so erzieht man Kinder zur Faulheit!

    Wäre folgende Reaktion nicht besser?

    Stiefmutter (ruhig): Ah, okay. Bei uns hängen wir sie selber auf.

  • Man sollte vermeiden, für die Zeit, in der die Kinder mit dem anderen Elternteil zusammen sind, etwas anderes einzuplanen (Matthäus 7:12). Wenn sich etwas nicht verschieben lässt, spricht man sich am besten mit dem Elternteil ab, bevor man den Kindern Bescheid sagt.

ANREGUNG: Hier drei Schritte für das nächste Zusammentreffen mit der Exfrau/dem Exmann des jetzigen Partners oder mit der Frau/dem Mann des früheren Partners.

  1. Augenkontakt herstellen und lächeln. Nicht genervt seufzen, das Gesicht verziehen oder die Augen verdrehen.

  2. Den anderen mit Namen begrüßen.

  3. Wenn man mit anderen zusammen ist, die Person ins Gespräch einbeziehen.

KONSTELLATION 2: STIEFELTERN UND ERWACHSENE KINDER

In dem Buch Step Wars wird eine Frau zitiert, die sich darüber beklagt, dass ihr Mann immer wieder zu seinen erwachsenen Kindern hält und einfach ignoriert, dass sie unfreundlich zu ihr sind. Sie sagt: „Da steigt so eine Wut in mir hoch.“ Was kann man tun, damit sich das Verhältnis zu den erwachsenen Kindern nicht negativ auf die Ehe auswirkt?

Ein Schlüssel zum Erfolg: Einfühlsam sein. In der Bibel heißt es: „Jeder suche fortwährend nicht seinen eigenen Vorteil, sondern den des anderen“ (1. Korinther 10:24). Es ist wichtig, zu versuchen, die Empfindungen des anderen zu verstehen und sich in seine Lage zu versetzen. Erwachsene Kinder haben vielleicht Angst, dass ihre Mutter oder ihr Vater sie jetzt nicht mehr so liebt. Oder sie glauben, sie würden ihre ursprüngliche Familie verraten, wenn sie ihre Stiefmutter oder ihren Stiefvater akzeptieren. Und die Eltern befürchten womöglich, ihre Kinder zu verlieren, wenn sie sie kritisieren.

Statt den Stiefkindern die Freundschaft aufdrängen zu wollen, sollte man das Verhältnis zu ihnen wachsen lassen. Es ist im Allgemeinen nicht klug, Liebe erzwingen zu wollen, denn echte Liebe kann man nicht erzwingen (Hohes Lied 8:4). Man sollte also möglichst vernünftige, realistische Erwartungen an das Verhältnis zu den Stiefkindern stellen.

Es ist besser, nicht gleich alles zu sagen, was man denkt oder fühlt, auch nicht wenn man schlecht behandelt wird (Sprüche 29:11). In Momenten, in denen es einem besonders schwerfällt, seine Zunge zu beherrschen, könnte man wie König David von Israel beten: „Herr, wache über meine Zunge, stell einen Posten ans Tor meiner Lippen!“ (Psalm 141:3, Gute Nachricht Bibel).

Beschließt man, in dem Haus wohnen zu bleiben, wo die Kinder aufgewachsen sind, ist man vielleicht überrascht, wie sehr sie daran hängen. Deshalb sollte man mit Änderungen vorsichtig sein, besonders was die Zimmer der Kinder betrifft. Man könnte sich auch überlegen, ob man nicht umzieht.

ANREGUNG: Sind erwachsene Stiefkinder permanent frech oder respektlos, mit dem Ehepartner über seine Empfindungen sprechen und sich aufmerksam anhören, was er meint. Den Partner nicht dazu drängen, die Kinder zurechtzuweisen, sondern einfach versuchen, gegenseitiges Verständnis aufzubauen. Ist man an den Punkt gekommen, wo man über die Sache übereinstimmend denkt, kann man sie gemeinsam angehen (2. Korinther 13:11).

Jedes Kind sollte sich geliebt fühlen können

KONSTELLATION 3: STIEFELTERN UND ANDERE VERWANDTE ODER FREUNDE

Marion, eine Stiefmutter aus Kanada, erzählt: „Meine Eltern haben meinem Sohn oft Geschenke gemacht, während die Kinder meines Mannes leer ausgingen. Wir wollten das dann ausgleichen, aber manchmal konnten wir es uns nicht leisten.“

Ein Schlüssel zum Erfolg: Die neue Familie geht vor. Es wäre gut, Verwandten und Freunden zu sagen, dass man zu der neuen Familie steht (1. Timotheus 5:8). Zwar ist nicht zu erwarten, dass alle Verwandten und Freunde neue Familienmitglieder sofort ins Herz schließen, aber man kann sie bitten, höflich und fair zu sein. Man sollte ihnen erklären, wie weh es den Kindern tut, wenn sie weniger beachtet oder sonst irgendwie übergangen werden.

Es wäre schön, wenn Großeltern aus erster Ehe einen Platz im Leben der Kinder haben könnten. Susan aus England berichtet: „Ich habe eineinhalb Jahre nach dem Tod meines ersten Mannes wieder geheiratet, und seine Eltern taten sich schwer, meinen neuen Mann zu akzeptieren. Gebessert hat sich das, als wir sie mehr einbezogen, den Kindern sagten, sie sollen sie anrufen, und uns für ihre Unterstützung bedankt haben.“

ANREGUNG: Überlegen, mit welchem Freund oder Verwandten das Verhältnis besonders schwierig ist, und dann mit dem Ehepartner besprechen, wie man es verbessern kann.

Das Verhältnis zu Personen außerhalb der Stieffamilie kann alle Beteiligten vor Herausforderungen stellen. Setzt man jedoch den Rat der Bibel um, kann man erleben, wie sich Sprüche 24:3 bewahrheitet: „Durch Weisheit wird eine Hausgemeinschaft aufgebaut, und durch Unterscheidungsvermögen wird sie sich als fest gegründet erweisen.“

a Namen wurden geändert.

b Weitere Problembereiche und entsprechende Tipps sind in der Artikelreihe „Balanceakt — Patchworkfamilie“ im Erwachet! von April 2012 zu finden (herausgegeben von Jehovas Zeugen).

c Falls der frühere Ehepartner droht oder ausfallend wird, kann es natürlich notwendig sein, zur Sicherheit der Familie strengere Grenzen festzulegen.

ZUM NACHDENKEN

  • Wie kann ich mit dem früheren Partner meiner Frau/meines Mannes besser auskommen?

  • Wie können wir Verwandten und Freunden dabei helfen, unserer Familie nicht wehzutun — auch nicht unabsichtlich?